Wir brauchen in Europa bessere Leguminosen (Schmetterlingsblütler, auch Eiweißpflanzen genannt), damit LandwirtInnen den Bedarf an pflanzlichem Eiweiß decken und eine Eiweißwende unterstützen können. Vor diesem Hintergrund trafen sich kürzlich 50 WissenschaftlerInnen und PflanzenzüchterInnen am Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK) in Gatersleben/Deutschland. Sie sind Mitglieder des Konsortiums „Legume Generation“, das kürzlich von der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich mit 7 Millionen Euro gefördert wurde. Der Gesamtwert des neuen Projekts beträgt 8,6 Millionen Euro. Das Ziel des von September 2023 bis Februar 2028 laufenden Projektes Legume Generation ist die Verringerung des europäischen Proteindefizites, indem die Züchtung von Leguminosen gefördert wird, die die europäische Landwirtschaft produktiver und rentabler macht. Das Konsortium wird von Dr. Lars-Gernot Otto am IPK und von Dr. Donal Murphy-Bokern geleitet, der auch wissenschaftlicher Berater von Donau Soja ist.

 

Den Pflanzenzüchtern den Vortritt lassen

Dem Legume Generation Konsortium gehören 32 Partner aus 16 Ländern an, darunter Neuseeland und die USA. Sie betreiben mehr als 40 Züchtungsprogramme und vorkommerzielle Züchtungsforschung für Leguminosen. In dem Projekt bündeln ZüchterInnen ihre Kräfte mit Europas führenden Forschungseinrichtungen in diesem Bereich, um die Züchtung von Sojabohnen, Lupinen, Erbsen, Linsen, Gartenbohnen und Klee zu fördern. Damit werden die EU-Strategien vom Hof zum Teller und zur Unterstützung der Biodiversität unterstützt. „Im Projekt wird die Pflanzenzüchtung durch unsere Genbank unterstützt, um das Potenzial der Genetik für die nachhaltige Entwicklung in der Landwirtschaft zu nutzen. Leguminosen sind ein wesentlicher Bestandteil nachhaltiger landwirtschaftlicher Systeme, und dieses Projekt ermöglicht es uns, zur Entwicklung verbesserter Sorten beizutragen“, sagt Dr. Otto. „Wir müssen neue Verbindungen zwischen führenden europäischen Pflanzenforschungseinrichtungen und den PflanzenzüchterInnen schaffen. Denn davon hängt die Verbesserung der landwirtschaftlichen Kulturen ab. Wir werden die Art und Weise, wie die Leguminosen-ZüchterInnen durch die Forschung unterstützt werden, zum Nutzen der europäischen LandwirtInnen, der Umwelt und unserer Gesundheit verändern”, fasst Dr. Donal Murphy-Bokern die kommenden Jahre zusammen.

 

Leguminosen sind gut für unsere Gesundheit und die Umwelt

Angesichts der Klimakrise, des Rückgangs der Artenvielfalt und der Vorteile pflanzlicher Lebensmittel sind Pflanzen aus der Familie der Leguminosen gut für unsere Gesundheit und für unseren Planeten. Körnerleguminosen binden Stickstoff aus der Luft und liefern uns die eiweißreichen Samen, die wichtig für eine gesunde und nachhaltige Ernährung sind. Die Produktionssteigerung in Europa macht die landwirtschaftlichen Systeme vielfältiger, widerstandsfähiger und nachhaltiger. Leguminosen-Blüten sind auch eine Quelle von Pollennahrung für Insekten. Außerdem sind die Kleearten für eine nachhaltige Grünlandbewirtschaftung sehr wertvoll.

 

Die Eiweißlücke in Europa schließen

Trotz aller Vorteile und der Notwendigkeit, die Art und Weise, wie wir Eiweiß produzieren und nutzen, zu ändern, werden Leguminosen von den europäischen LandwirtInnen relativ selten angebaut und machen nur 2-3% der Anbaufläche aus. Dies liegt zum Teil daran, dass private Investitionen in die Züchtung von Leguminosen wenig rentabel sind. Das Legume Generation Konsortium geht dieses Problem an, indem es neue Strukturen für die Zusammenarbeit zwischen der Leguminosen-Züchtung und der öffentlichen Forschung schafft. Es stellt sechs artenspezifische Innovationsgemeinschaften in den Mittelpunkt der Bemühungen für die Verbesserung von Leguminosen. Jede Innovationsgemeinschaft wird zum Nutzen der ZüchterInnen genetische Ressourcen, Fachwissen in den Bereichen Datenmanagement, Genetik und Tests zusammenführen und sich auf die Züchtung ihrer Pflanzenart konzentrieren.

 

Legume Generation ist ein Beitrag zur europäischen Eiweißwende

Die Art und Weise, wie wir Eiweiß anbauen und verwenden, hat Einfluss auf die Welt. Die europäische Landwirtschaft wird von stärkereichem Getreide dominiert, das zu einem Großteil für Tierfutter verwendet wird. Damit wird eine Ernährungsweise gefördert, die reich an tierischen Lebensmitteln ist. Dieses hochproduktive landwirtschaftliche System mit einem großen Viehhaltungssektor in der EU und im Vereinigten Königreich verbraucht etwa zehn Millionen Tonnen Stickstoffdünger (aus Erdgas) und das Äquivalent von etwa 35 Millionen Tonnen eiweißreichem Soja, das größtenteils importiert wird. Die sich daraus ergebenden Umweltprobleme sind in hohem Maße darauf zurückzuführen, dass viele Europäer tierische Lebensmittel in Mengen konsumieren, die weit über den öffentlichen Ernährungsempfehlungen liegen. Eiweiß besteht zu etwa 16% aus Stickstoff. Ein sehr großer Teil davon geht bei der Fütterung von Tieren verloren. Deshalb führt ein hoher Verbrauch von tierischen Nahrungsmitteln zu einer Vielzahl von Stickstoffproblemen (Nitrat, Ammoniak und Lachgas), die eine Herausforderung für die nachhaltige Entwicklung unserer Agrar- und Ernährungssysteme darstellen. Zusätzlich blockiert der hohe Flächenbedarf andere Nutzungen wie die Wiederherstellung von Naturräumen, und er treibt direkt oder indirekt die Veränderung der Flächennutzung (z. B. Entwaldung) voran. Wie wir kürzlich gesehen haben, ist unser Agrar- und Ernährungssystem auch anfällig für Erschütterungen durch Konflikte.

 

Mehr Leguminosenanbau hat einen doppelt positiven Effekt

Die Steigerung des Leguminosenanbaus in Europa ist Teil einer zweigleisigen Lösung. Sie diversifiziert die Pflanzenproduktion und verringert die Abhängigkeit von Stickstoffdünger. Gleichzeitig steht die Steigerung der Produktion von Körnerleguminosen für Lebensmittel im Einklang mit der wachsenden Nachfrage nach proteinreichen Lebensmitteln auf pflanzlicher Basis.

 

 

Anfragen, Interviews und Fotos:

Dr. Donal Murphy-Bokern

Wissenschaftlicher Koordinator Legume Generation Projekt

Wissenschaftlicher Berater von Donau Soja

Mobil: +49-160-92792475

E-Mail: donal@murphy-bokern.com

 

Dr Lars-Gernot Otto

Legume Generation project coordinator

Leibniz Institute of Plant Genetics and Crop Plant Research (IPK)

Telephone:+49-39482-5685

Mobile: +49-178145-7395

E-mail: ottol@ipk-gatersleben.de

Website: www.ipk-gatersleben.de

 

Fotocredit:

J.-S. Himpe, Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung (IPK)